19.09.2022, 21:19 Uhr

Während ukrainische Truppen im Osten des Landes vorrücken, zerschmetterte ein Raketenangriff im Süden mehr als 100 Fenster eines Kernkraftwerksgebäudes. Deutschland liefert weitere Panzerhaubitzen an die Ukraine – und mehrere AfD-Abgeordnete planen einen Besuch im Kriegsgebiet. Der 208. Kriegstag im Überblick: Rakete traf Pivdennoukrainsk KKW Laut Kiew ist eine russische Rakete in der Nähe des Kernkraftwerks Pivdennoukrainsk in der Südukraine gelandet. Nach Angaben des Betreibers zerbrach die Wucht der Explosion etwa hundert Fenster in der Fabrik. Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Russland in diesem Zusammenhang vor, die ganze Welt zu gefährden. Pivdennoukrainsk ist das zweitgrößte Kernkraftwerk der Ukraine. Unterdessen wurden 13 Menschen durch Artilleriefeuer in der von Russland kontrollierten Oststadt Donezk getötet. Laut lokalen Medien trafen zwei Granaten eine Bushaltestelle und ein Geschäft. Lokale Behörden machen ukrainische Truppen für den Beschuss verantwortlich. Kiew bestreitet solche Behauptungen regelmäßig. Die Informationen konnten nicht unabhängig bestätigt werden. Ukrainische Truppen drängen die Russen weiter zurück In den ostukrainischen Regionen Charkiw, Donezk und Luhansk haben ukrainische Truppen laut Medienberichten russische Gegner zurückgedrängt. Dementsprechend wurde die Position Jarowa am linken Ufer des Flusses Siwerskyi Donets zurückerobert. Offizielle Bestätigungen von ukrainischer oder russischer Seite lagen zunächst nicht vor. Darüber hinaus gelang es offenbar auch ukrainischen Einheiten, den Fluss bei Bilohorivka zu überqueren und einen Angriff auf Kreminna zu starten. Donezk und Luhansk fordern einen schnellen Anschluss an Russland Angesichts des Vormarsches der Ukraine wird eine Kampagne gestartet, um sich Russland in den von Moskau unterstützten separatistischen Regionen Luhansk und Donezk schnell anzuschließen. In der sogenannten Volksrepublik Lugansk appellierte ein Gremium namens Bürgerkammer an die örtliche Führung, bald ein Anschluss-Referendum abzuhalten. Wenig später folgte in der Volksrepublik Donezk die Bürgerkammer mit der gleichen Bitte, wie die russische Nachrichtenagentur Tass berichtete. Auch die Menschen in der Region Cherson fordern ein Referendum, sagte der von Russland ernannte Verwaltungschef Kirill Stremusow. Die Ukraine soll von der Bundeswehr vier weitere Panzerhaubitzen erhalten Kiew soll von der Bundeswehr vier weitere Panzerhaubitzen zur Verteidigung gegen Russland erhalten. Die Auslieferung werde sofort beginnen, teilte das Verteidigungsministerium in Berlin mit. Die Panzerhaubitze 2000 ist ein schweres Artilleriegeschütz mit einer Reichweite von bis zu 40 Kilometern. Die Lieferung sollte auch ein Munitionspaket enthalten. Lindner: Keine Kursänderung bei der Kampfpanzerlieferung Was die Lieferung westlicher Panzer betrifft, die die Ukraine oft fordert, sieht FDP-Chef Christian Lindner keinen Kurswechsel in der Bundesregierung. Auf die Äußerungen von Außenministerin Annalena Baerbock angesprochen, sagte Lindner, er habe sich in der Bundesregierung beruhigt und förmlich nachgefragt, ob sich die Haltung einzelner Stellen geändert habe. „Das konnte nicht bestätigt werden“, sagte der Bundesfinanzminister. Bei den alliierten Treffen in Ramstein sei nach seinen Erkenntnissen vereinbart worden, Ringe auszutauschen, „und dass keine Kampfpanzer westlicher Fertigung und Bauart geliefert werden sollen“. Dies blieb die FDP-Linie und wurde auch im Präsidium bestätigt. Experten: Putin setzt zunehmend auf Alternativen zu regulären Truppen Russlands Präsident Wladimir Putin setzt laut Militärexperten wegen hoher Opferzahlen zunehmend auf Improvisation. Der Kreml konzentriert sich zunehmend darauf, schlecht vorbereitete Freiwillige für irreguläre provisorische Einheiten zu rekrutieren, anstatt sie als Reserven oder Ersatz für reguläre russische Truppen einzusetzen, schreiben Analysten des in Washington ansässigen Institute for the Study of War (ISW). Experten sehen einen Grund dafür in Putins gestörtem Verhältnis zu seiner eigenen Militärführung und dem Verteidigungsministerium im Laufe des Sommers, insbesondere nach den jüngsten Gebietsverlusten. Die Bildung solcher provisorischer Einheiten wird zu weiteren Spannungen, Ungleichheit und mangelnder Einheit zwischen den Einheiten führen, heißt es in dem ISW-Bericht. Angesichts ihrer kurzen Ausbildung hatten sie “wenig effektive Kampfkraft”. London: Russische Luftwaffe in der Ukraine unter zunehmendem Druck Auch die russische Luftwaffe steht nach britischen Schätzungen zunehmend unter Druck. In den vergangenen zehn Tagen habe Russland seit Beginn des Angriffs Ende Februar offenbar vier Kampfjets und damit insgesamt 55 Maschinen verloren, teilte das Verteidigungsministerium in London unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Die Zunahme der Verluste könnte teilweise darauf zurückzuführen sein, dass die russische Luftwaffe größere Risiken eingeht, um die Bodentruppen unter dem Druck ukrainischer Vorstöße eng zu unterstützen. Hinzu kommt das schlechte Situationsbewusstsein der russischen Piloten. AfD-Abgeordnete planen eine Reise in die Ostukraine Nach eigenen Angaben reisen derzeit mehrere AfD-Abgeordnete nach Russland. „Auch ein Besuch in der Ostukraine ist geplant“, teilte die AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt mit. Zur Delegation gehörten auch die Landesvertreter Daniel Wald und Hans-Thomas Tillschneider. Die Gruppe wolle sich „ein eigenes Bild von der humanitären Lage machen“. In einem Tweet beschuldigte der scheidende Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andriy Melnyk, Politiker, mit dem geplanten Besuch in von Russland besetzten Gebieten in der Ostukraine „Russlands Vernichtungskrieg zu unterstützen“. Mitglieder der Reisegruppe sind laut Melnyk auch nordrhein-westfälische AfD-Abgeordnete. Luhansk: Zwei OSZE-Mitarbeiter wurden zu Haftstrafen verurteilt In der von Russland kontrollierten Separatistenhochburg Luhansk in der Ostukraine hat ein Gericht zwei örtliche Beamte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu jeweils 13 Jahren Gefängnis verurteilt. Laut der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Tass wurden die Urteile wegen angeblicher Spionage für die Ukraine und die Vereinigten Staaten gefällt. Von August 2021 bis April 2022 sammelte einer der OSZE-Männer „Daten über die Bewegung von Militärtechnik und Waffen sowie die Verlegung von Einheiten“. OSZE-Generalsekretärin Helga Schmid forderte in Wien die „sofortige und bedingungslose Freilassung“ der beiden Verurteilten und eines weiteren OSZE-Kollegen. Seit 2014 ist die OSZE unter anderem dafür zuständig, einen vereinbarten Waffenabzug entlang der Frontlinie zwischen von Russland unterstützten Separatisten und dem ukrainischen Militär zu überwachen. Mit dem russischen Einmarsch stellte die Beobachtermission ihre Tätigkeit ein. Weitere Texte zum Krieg in der Ukraine: Alle weiteren Entwicklungen lesen Sie in unserem Live-Ticker.